Mein Hotel in Albuquerque ist tatsächlich ein Hotel und kein Motel. Es ist ein ziemlich grosses Haus und ist auch fast voll besetzt. Am Vorabend beim einchecken hatte ich mehrfach riesiges Glück. Zuerst hatte ich den letzten freien Parkplatz erwischt. Kaum hatte ich Olga ruhig hingestellt und angebunden da haben die Neuankömmlinge nach mir angefangen, um den Parkplatz zu kreisen. Dann war ich die Nummer drei in der Schlange an der Theke. Genauer gesagt da gab es zu dem Zeitpunkt noch gar keine Schlange. Zwei, drei Minuten später hatte sich das aber ziemlich geändert. Dann hatte ich meine Zimmerkarte bekommen, ging hoch und wollte mein Zimmer beziehen. Die Zimmerkarte funktionierte aber nicht. Dafür wurde meine Zimmertür plötzlich von innen aufgemacht und ein Hotelgast fragte mich etwas verärgert, was ich da eigentlich wolle. Da bekam ich ein wenig Muffensausen. Wenn bei dem grossen Publikumsandrang ein Zimmer doppelt belegt wäre, da sorgte ich mich schon etwas um meine Unterkunft für die nächste Nacht. Meine Befürchtung war aber völlig unbegründet, wie sich rasch zeigte. Die Dame am Empfang nahm mich gleich neben der Schlange dran, entschuldigte sich und gab mir sofort ein anderes Zimmer. Also, mein Hotel in Albuquerque ist nicht nur gross, es ist auch ausgezeichnet organisiert und hat sehr freundliches Personal. Ausserdem bietet es ein schönes warmes Frühstück an mit Speck und Ei und dem vollen amerikanischen Programm. Einen Nachteil hat es: Es liegt „in the middle of nowhere“. Ich hatte mich am Vorabend nach einem Supermarkt erkundigt. Die Wegbeschreibung klang ganz einfach. Etwa nach 20 Minuten Fussmarsch dämmerte mir, dass mit dem, was mir die freundliche Dame als kurzen, einfachen Weg beschrieben hatte, wahrscheinlich eine kurze Autofahrt gemeint war. Da wo ich gelandet war hat es jedenfalls weit und breit keinen Supermarkt und auch kein Restaurant gegeben.
Heute wird es eine spannende Tour geben. In Albuquerque ist es ähnlich wie in Tucson. Im Nordosten der Stadt gibt es einen Hausberg mit einem grossen Skigebiet. Der Hausberg hier heisst Sandia Crest oder Watermelon Mountain. Da will ich hinauf, auf der anderen Seite hinunter, dann kurz durch die Ebene und in den nächsten Hügelzug hinein. Dort soll es eine spannende, aber nicht allzu lange Bergstrecke geben. Am Abend werde ich in Santa Fé sein. Ich habe bereits ein Hotel gebucht, das auf Booking sehr gut bewertet ist.
Heute fängt der Tag wirklich gut an. Ich habe gut geschlafen und ein ausgezeichnetes Frühstück bekommen. Draussen scheint die Sonne. Alles läuft bestens. Schon früh habe ich gepackt und ausgecheckt und fahre los. Heute habe ich mir nicht allzu viel vorgenommen. Weil ich genügend Zeit habe beschliesse ich, einen kurzen Umweg über Albuquerque Downtown zu machen. Etwa zwei Kilometer tuckere ich über die grosse Strasse, die offenbar durch Albuquerque Downtown führen soll und halte links und rechts Ausschau nach etwas Sehenswertem. Aber entweder gibt es das in Albuquerque Downtown nicht, oder ich habe es ganz einfach nicht gefunden. Ich kehre um und nehme die geplante Route auf.
Weil ich es nicht so recht glauben kann schaue ich dann am Abend noch einmal nach. Tja, wenn ich noch einen Kilometer weiter gefahren wäre, dann wäre ich direkt in der Old Town von Albuquerque gelandet. Das ärgert mich ein bisschen.
Aber heute Morgen weiss ich das ja noch nicht. Darum fahre ich aus der Stadt heraus, manövriere mich an einem Stau vorbei und biege schon bald auf die Strecke zum Sandia Crest ab.
Wie schon in Tucson ist es eine schöne Bergstrecke, und auch hier führt sie rasch in die Höhe. Es gibt aber auch ein paar Unterschiede zwischen der Abreise in Tucson und der in Albuquerque: Tucson liegt rund auf 700 m und der Mount Lemmon dort ist knapp 2800 m hoch. Albuquerque hingegen liegt auf gut 1500 m und der Sandia Crest ist fast 3300 m hoch. Das ist mit ein Grund, weshalb es hier in Albuquerque ziemlich schnell kalt wird, ganz im Gegensatz zu der Bergregion bei Tucson.
Nach etwa 30 Meilen bin ich bei der Kreuzung, wo die Route 165 wieder hinunter in die Ebene führen soll. Da erlebe ich ein weiteres Déja vu. Die Route 165 sieht auf der Karte zwar wie eine normale Verbindungsstrasse aus. Das ist vielleicht früher einmal so gewesen. Heute ist da aber nur noch ein Feldweg. Im Gegensatz zu der Verbindungsstrasse in Tucson ist diese Strasse hier zwar offen. Ein Warnschild macht aber darauf aufmerksam, dass es hier keine Schneeräumung gibt, und dass man während den nächsten Meilen auch nicht wenden kann. Das sieht man auch sofort. Die Strasse ist schmal, mit mindestens 30 cm Schnee bedeckt und tatsächlich nicht geräumt. Das ist mir viel zu gefährlich. Darum kehre ich gleich wieder um und fahre zuerst einmal ganz zum Sandia Crest hinauf. Mal sehen, was es da oben gibt. Dann werde ich mir überlegen, wie es weitergehen soll.
Auf dem Sandia Crest hat man eine 360° Rundsicht auf die ganze Umgebung. Das ist zwar sehr schön, aber wie es mit meiner Tour weitergehen soll weiss ich auch nach meinem Panorama-Aufenthalt auf dem Sandia Crest nicht. Also fahre ich wieder hinunter ins Tal. Dort ist es deutlich wärmer. Zeit für eine neue Planung.
Damit ich in den anderen Hügelzug komme, muss ich irgendwie die Ebene durchqueren. Um die Strasse zu nehmen, die ab Albuquerque hinüber führt, müsste ich umkehren und alles wieder zurückfahren. Die Ebene in Santa Fé zu durchqueren macht überhaupt keinen Sinn. Dann gibt es noch etwa 15 Meilen von hier eine etwas längere, aber auch kleinere Strasse. Es macht am meisten Sinn, wenn ich diese Strasse nehme. Ich fahre los und stehe etwa 20 Minuten später vor dieser kleinen Strasse.
Es ist wieder ein Feldweg. Allerdings führt er durch flaches Land, und er ist breiter als die Strasse, die vom Sandia Crest hinunterführt. Das nutze ich, um etwas Fahrpraxis auf Feldwegen zu erwerben. Mit solchen Strassenverhältnissen muss man Yukon und in Alaska ab und zu rechnen habe ich gelesen, und dann ist das hier gerade eine gute Übung.
Die Fahrt ist zwar etwas anstrengend aber völlig problemlos. Nach etwa 15 Meilen mündet der Feldweg dann in die Fernstrasse, die zurück nach Bernaillo führt. 20 Minuten später bin ich schon in Bernaillo und überquere dort den Rio Grande. In meiner Erinnerung hat dieser Fluss etwas Magisches. Das schaue ich mir an.
Dann stelle ich fest, dass meine Motivation weg ist. Die Aussicht, drei Stunden durch eine attraktive Berglandschaft zu fahren, löst eigenartigerweise keine Freude aus. Nach einer kurzen Mittagspause beschliesse ich, direkt nach Santa Fé zu fahren, und nach einer Dreiviertelstunde bin ich auch schon dort.
Es ist kurz vor 15.00 Uhr. Jetzt, wo ich so früh hier bin, kann ich noch schnell beim BMW-Händler hier in SantaFé vorbeischauen. Der Vorbesitzer hatte nämlich beim Öl-Einfüllstutzen von Olga das Original-Plastikteil durch einen schicken Deckel aus Edelstahl ersetzt. Das Plastikteil war ein Deckel mit Griff gewesen. Der Edelstahldeckel hingegen ist zwar schick, aber einen Griff hat der nicht. Um ihn zu öffnen braucht es einen sehr dicken Torx-Schraubendreher, und der ist im Bordwerkzeug nicht dabei. Falls Olga irgend einmal Öl bräuchte, dann hätte ich das zwar dabei, könnte es aber nicht einfüllen, weil ich den schicken Deckel nicht aufbekäme. Ich frage also bei BMW Motorrad in Sante Fé nach. Die Leute da sind wieder sehr nett und hilfsbereit. Der Kundenbetreuer schaut sich die Sache nur kurz an und meint „Oh yes, it is this upgrade“ und ruft den Techniker. Der schaut sich die Sache auch kurz an, und schon bekomme ich meinen Torx in die Hand gedrückt, so einfach ist das.
Erst am nächsten Morgen sehe ich, was wir für ein Glück gehabt haben, Olga und ich. Der Ölstand ist mittlerweile unter die kritische Höhe gefallen. Olga braucht mehr als eine halbe Flasche Öl, das ist ziemlich viel.
Die Leute in meinem Motel sind sehr nett und das Motel ist auch gut ausgerüstet, da bleibe ich gleich drei Nächte. So habe ich alle Optionen offen. Ich kann die Region erkunden, meinen Haushalt wieder in Schuss bringen, an meinem Blog weiterarbeiten oder allenfalls auch nur in dem schön warmen Gewächshaus an den Pool liegen.