Vancouver

Es ist schon längst taghell, als ich in meiner Suite über den Dächern von Vancouver aufwache. Ich habe so lange und so tief geschlafen, wie schon lange nicht mehr. Obwohl ich eigentlich fit und erholt sein müsste, komme ich fast nicht aus den Federn. Nun gut, warum sollte ich auch? Schliesslich habe ich heute noch gar nichts vor.
So gegen zehn Uhr wälze ich mich dann doch aus dem Bett und mache mich auf die Suche nach einem Frühstück. Das Wetter ist wechselnd bewölkt und unter 20 Grad Celsius, genau so wie es der Wetterbericht vorhergesagt hat. Leider weht heute aber ein ziemlich bissiger Wind, der mir eine unangenehme Kälte in die Knochen jagt.
Nach dem Mittag legt sich der Wind aber. Die Sonne kommt hervor. Es wird wärmer und die Bewölkung verzieht sich. Am Nachmittag lockt der tiefblaue Himmel alles auf die Beine, was auch solche hat.

Mein Hotel liegt im Westend, einem vorwiegend asiatisch geprägten Viertel. In aller Ruhe bummle ich hier durch die Strassen und mische mich unter die Spaziergänger. Ab und zu setze ich mich auf eine Sitzbank und schaue dem Treiben zu. In Vancouver gibt es fast überall Sitzbänke. Überhaupt scheint das hier eine grüne, grosszügige und vorwiegend höfliche Stadt zu sein. Ich nehme hier nicht im Entferntesten etwas von der Hektik von Portland oder Seattle wahr. Vielleicht liegt es auch daran, dass heute Sonntag ist. Trotzdem finde ich die Atmosphäre hier entspannter als in den anderen beiden Städten.

Bootshafen

Ganz besonders reizvoll finde ich den Kontrast aus Grossstadt, Grünanlagen, Hafen, Meer und den hohen Bergen im Hintergrund. Von meiner Dachterrasse aus hätte ich bestimmt einen hervorragenden Rundblick über dieses Szenario. Leider ist es hier im elften Stock so windig, dass es einfach kein Vergnügen ist, sich nach draussen zu setzen.

Also verbringe ich den Sonntag mit faulenzen, lesen, schreiben, essen und spazieren. Morgen starte ich zum kanadischen Abschnitt meiner Reise. Schon bald einmal beginnen die Etappen, die mich durch die grosse Einsamkeit führen werden. Dafür möchte ich ausgeschlafen sein und meinen Reisebericht soweit nachgeführt haben.
Gegen Abend erreichen mich Nachrichten aus der Heimat. Meine Familie will wissen, ob ich durch das Gebiet der grossen Waldbrände fahren werde. Das überrascht mich. Ich weiss nichts von grossen Waldbränden. Zurzeit kümmere ich mich überhaupt nicht um das aktuelle Tagesgeschehen auf der Welt. Wenn es in Kanada aber grosse Waldbrände gibt, dann muss ich mich darüber unbedingt schlau machen. Kurze Zeit später weiss ich, was ich wissen muss. Das grösste Feuer wütet offenbar in Fort McMurray. Das liegt im Norden von Alberta, etwa 800 km von meiner geplanten Route entfernt. Aber auch im südlichen  Alberta und in British Columbia gibt es offenbar einige kleinere Waldbrände. Die liegen zwar ziemlich nahe an meiner geplanten Route. Aber die Verkehrsinformationsseite der Provinz British Columbia meldet keine Verkehrs-Beeinträchtigungen durch die Waldbrände. Hoffentlich ist die Verkehrsübersicht hier in Kanada etwas aktueller als sie es in Washington, Oregon oder Idaho war. Ich schicke einen kurzen Lagebericht und eine Entwarnung in die Heimat. Meine Route scheint sicher zu sein. Es gibt im Moment keinen Grund zur Beunruhigung.

West End im Abendrot

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