New Hazelton – Prince George

Drei Mal in Folge habe ich es jetzt geschafft, am Morgen früh aufzustehen und auch früh loszufahren. Heute wird da nichts draus. Erstens dauert die Fahrt nach Prince George nur gute fünf Stunden. Da muss ich auch nicht so früh weg. Und zweitens bin ich gerade so schön am Schreiben. Da lasse ich den Morgen noch etwas laufen. Schliesslich ist es aber dann doch zehn Uhr, und weil ich bis elf Uhr ausgecheckt haben sollte, muss ich mich jetzt etwas beeilen mit dem Zusammenpacken. Linda verabschiedet sich ganz liebenswürdig von mir.: „Dann bis morgen! Bist du wieder rechtzeitig auf ein Bier da?“ Es dauert einen Moment, bis ich meine eigene Agenda nachgerechnet habe und verstehe, was sie meint. Stimmt, ich bin ja schon morgen Abend wieder hier. Ja gerne, bis morgen Abend auf ein Bier.

Die Fahrt heute nach Prince George ist lediglich eine Folge meiner etwas skurrilen Streckenplanung. Ich wollte unbedingt beide Alaska-Routen fahren, den Alaska Highway im Osten und der Stewart-Cassiar Highway im Westen. Heute fahre ich auf dem Stewart-Cassiar Highway die Teilstrecke, die noch fehlt, damit sich der Kreis meiner Rundreise in Prince George wieder schliesst. Wenn ich morgen in Prince George starte, werde ich exakt dieselbe Strecke wieder zurückfahren, die ich heute hingefahren bin. Auch in den beiden darauf folgenden Tagen werde ich wieder dieselbe Strecke zurück nach Norden fahren, die ich bereits nach Süden gefahren bin. Ich wusste schon bei der Planung, dass das etwas skurril ist und hatte etwas geschmunzelt, als ich das so aufgesetzt habe. Jetzt, wo ich tatsächlich die geplante Strecke fahre, und wo das Wetter nicht wirklich toll ist, liegt bei mir nicht mehr so viel Schmunzeln in der Luft.
Nein, die Fahrt heute macht mich nicht glücklich. Auf der Geländekarte hatte die Strecke richtig spannend ausgesehen, aber in Wirklichkeit gibt sie nichts her, weder zum fahren noch zum gucken. Kalt ist es auch, und es regnet auch immer wieder einmal. Auf halber Strecke ist es so kalt und der Himmel so schwarz, dass ich mich wieder vorauseilend ins Regenkombi stürze. Wie vorgestern will ich lieber vorbereitet sein will, als mich im strömenden Regen irgendwo umziehen zu müssen. Und das mit den fünf Stunden Fahrzeit heute stimmt auch nicht. Knapp sieben Stunden dauert die Fahrt heute – zugegeben, weil ich mehrmals eine längere Pause gemacht habe. Ich weiss nicht, wann ich je so widerwillig Motorrad gefahren bin. Das ist glaube ich noch zu den Zeiten gewesen, als ich 20 jährig mit einer 125 ccm Honda unterwegs gewesen bin.

Landschaftliche Schönheiten nehme ich nur noch knapp aus den Augenwinkeln wahr. Bibbernd komme ich in Prince George an und checke in demselben Hotel ein, in dem ich am letzten Sonntag abgefahren bin. Hier weiss ich wenigstens, was ich bekomme, nämlich ein sauberes, grosses und freundliches Zimmer. Beim Abladen merke ich auch, warum es heute so kalt ist, obwohl die Temperaturen eigentlich gar nicht so tief sind: Es geht ein unglaublich bissiger Wind. Bei der schneidenden Kälte und meiner wirklich üblen Laune wird das heute nichts Grosses mehr, ausser einer heissen Dusche und einem kurzen Abendessen, und dann geht es ab ins Bett. Der Tag heute hat nichts Anderes verdient, als möglichst früh beendet zu werden.

Reiseroute am Donnerstag, 19. Mai 2016

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